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Bangkok, 33 Grad.

Der Flug war recht erträglich. Ich habe mir den Film „2012“ von Roland Emmerich reingezogen, in dem ein Super-Vulkanausbruch im Yellowstone-Nationalpark die halbe Welt zerstört. New York versinkt in einem Riesen-Tsunami, überall auf der Welt brechen Hochhäuser zusammen, Flugzeuge stürzen ab (!) und die Erde bricht auf.

Nur die Chinesen, die im Allgemeinen nicht als besonders bibelfest gelten, haben drei Arche Noahs gebaut mit meterdicken Stahlwänden und Toren, die von gewaltigen Zahnrädern betrieben werden, in denen sich auch so dies und das verklemmt, – Metropolis von Fritz Lang lässt grüßen! Darin finden also Emmerichs Protagonisten nebst einigen Bösewichtern Zuflucht und trotzen der über den Himalaja (!) hereinbrechenden Flutwelle.

Also genau das Richtige für eine Reise in einem großen Flieger wie der Boing 747. Deswegen schaue ich auch gelegentlich durch das entferntere Fenster, - wir sitzen in einem Jumbo in der Mittelreihe -, ob draußen die leider dunkle Erde noch intakt ist. Doch die Erde hat offenbar die Ruhe weg, allerdings noch mehr die Zollbeamten der Einwanderungsbehörde auf dem Flughafen von Bangkok. Wir stehen uns die Beine in den Bauch.

 

Doch irgendwann haben wir auch das überstanden und werden von Kong oder Nkong oder Khongh, wie immer man das auch schreibt, mit einem strahlenden Lächeln begrüßt.

Kong hat den Auftrag, uns vom Flughafen abzuholen und ins Hotel zu bringen. Er ist einer, den meine Frau als „lecker Kerlchen“ bezeichnen würde, wenn sie 40 Jahre jünger wäre. Kong ist also noch ganz jung und hat einen langen, für Europäer völlig unaussprechlichen Namen. Und weil er das weiß, sagt er uns, dass wir ihn bei seinem „Spitznamen“ nennen dürfen und der sei Kong, wohl wie das Hinterteil von King Kong.

Kong hat ein Auto mit Fahrer mitgebracht, der uns dann in einer abenteuerlichen Slalomfahrt durch die rush-hour von Bangkok zum Hotel kurvt.

Am nächsten Morgen will uns Kong zur Stadtrundfahrt abholen.

Wow! Und nun sitzen wir auf der Riverside-Terrasse des Bangkok Marriott Hotels. Es ist bereits dunkel. Auf dem Fluss wechseln sich lange Trecks von Lastenkähnen mit wunderschön beleuchteten Barken und Partyschiffen ab. Auf der Terrasse wird eine Bühne von in großen Amphoren brennenden Fackeln beleuchtet. Ich habe es gerade geschafft, eine Auswahl von den acht runden Tafeln mit jeweils einem Koch oder einer Köchin in der Mitte für die Vorspeise zu treffen. Wobei zu bemerken ist, dass ich nicht unter die Kannibalen gegangen bin. Mit Auswahl meine ich all die leckeren Dinge, die sich rund um die Köche ausbreiten und die nur darauf warten, entweder sofort auf dem Teller zu landen oder von den Küchenkünstlern noch weiter zubereitet zu werden.

 

Ich bekomme ein Problem: Ich habe nämlich die Vorspeise hinter mir und will mich gerade mit dem zweiten Gang beschäftigen, als eine Gruppe von bildschönen Thai-Frauen und Männern (betont Iso!) in traumhaften Kostümen beginnt, auf dieser Bühne vor dem Hintergrund der Feuer und des Chaophraya-Rivers ihre spirituellen Tänze aufzuführen.

Also, mein Problem ist, dass ich jetzt unmöglich aufstehen kann, um mir etwas so Banales wie Fisch oder Fleisch auf den Teller zu füllen. Das kann ich diesen Grazien nicht antun. Also bleibe ich sitzen und hoffe, dass das Buffet nicht irgendwann schließt.

 

Doch dann ist Pause und ich kann mich wieder der Nahrungsaufnahme widmen.

Mein Gott, sind die Menschen hier schön! Was heißt hier „mein Gott“? Ich bin doch Atheist! Also sollte ich solche Sprüche lassen. Daher: Meine Fresse! Sind die Menschen hier schön!

 

 Also, wenn ich vor 40 Jahren es mir hätte leisten können, so eine Reise zu machen, woran natürlich nicht einmal im Traum zu denken war, ich wäre hier geblieben und hätte Deutschland für immer den Rücken gekehrt. Aber da ich vor nunmehr genau sechseinhalb Jahren Aufnahme in den „Klub der alten Säcke“ gefunden hatte, erfreue ich mich heute einfach nur des zauberhaften Anblickes.

 

Anblicke anderer, aber nicht minder fantastischer Art erfahren wir am folgenden Tag.

Unser Kong holt uns mit einem Kleinbus nebst Fahrer zur Stadtrundfahrt ab. Er zeigt uns die interessantesten Highlights von Bangkok: Tempel und Königspaläste mit hunderten von Buddha-Statuen, die vor Gold und Edelsteinen nur so trotzen.

Buddha in allen Lagen: Stehend, sitzend, kniend, liegend. Ein liegender Buddha von über hundert Metern Länge, dessen Füße die dahinter stehenden Besucher wie Zwerge aussehen lassen, ist vollständig mit Blattgold überzogen.

 

Im Königspalast reihen sich hunderte goldener Buddhas und Dämonen an den Wänden auf. Die Dächer sind ebenfalls aus Gold und Perlmutt. Es haut uns förmlich um.

 

Und immer wieder „rut ut de Puschen“ und „rin in de Puschen“!

Kong erzählt uns die Geschichte Thailands und die Bedeutung der Figuren und Bilder. Wir verstehen zwar nur die Hälfte, manche seiner deutschen Worte sind als solche nicht unbedingt zu erkennen, aber wir begegnen wieder Krishna, Wishnu und Rama dem Ersten bis zu dem Neunten. Der Neunte, so glaube ich, war es, der noch einen anderen Namen hat. Doch nicht etwa Harald, wie der geneigte Leser vermutet, denn wir kennen ja alle den Song aus dem Musical „Hair“, der da lautet: „harald (oder hare) Krishna, harald Rama, harald Wishnu,...“.

Nun, Rama IX. heisst auch Bhumibol. „Un sin Olsch heest Sirikit. Dor bis du platt, wa!“

Der König ist in Thailand gleichzeitig ein Gott!

 

Wir sind inzwischen auch ziemlich platt. Die Hitze, die Zeitumstellung und der gewaltige Smog über Bankgok machten mir schon am Morgen arg zu schaffen. Ich hatte Kopfschmerzen und mir war etwas übel, so dass ich auch kaum gefrühstückt hatte. Also fährt uns Kong am Mittag zum Hotel zurück, wo wir erst einmal ausgiebig Siesta machen.

Gegen vier geht’s dann in den Pool, der von einer traumhaft schönen Parkanlage umgeben ist, wo sich Eidechsen, Fische und Schildkröten tummeln und Vögel exotische Geräusche produzieren.

Das Wasser ist, - hört, hört -, sogar Ulli zu warm, und das soll was heißen. Erfrischung genoss man erst, wenn man aus dem Wasser kam und die Tropfen der Haut jede Menge Verdunstungswärme entzogen.

Abends wollen wir uns eigentlich mit dem hoteleigenen Fährschiff zur nächsten Sky-Train Station übersetzen lassen, um dann zum „night-market“ zu fahren, aber ich bin immer noch nicht so ganz fit und wir beschließen, ein zweites Mal, uns an dem reichhaltigen Buffet auf der Riverside-Terrasse zu laben.

Die Thai-Maiden sind auch wieder da, und wir verstehen dank Kongs vormittäglichen Erläuterungen etwas von dem Sinn der Tänze.

 

Zur gleichen Zeit lässt Bhumibol auf der gegenüber liegenden Flussseite, wohl extra für uns, ein gewaltiges Feuerwerk entzünden.

Das hätte nun wirklich nicht nötig getan, Bhumibol! Zu viel der Ehre! Aber die gesamte Szene ist schon wahnsinnig.

Dann lassen wir uns doch noch von der Fähre übersetzen. Die Flussfahrt dauert zirca 15 Minuten.

Wir genießen den Blick von Fluss auf die nächtliche Skyline von Bangkok.

 

Auf der Rückfahrt reicht uns der „Bootsmann“ zusammen gerollte eiskalte Handtücher zum Gesicht und Hände abwischen und abkühlen. Welch ein Service! Oder: „Was für eine Dekadenz!“ (Originalzitat der FDP-Mini-Tsunami, der Wester-Welle).

 

Am nächsten Morgen macht meine beste Hälfte schlapp und wir bleiben am Hotel. 

Mittags fährt uns Kong zum Flughafen und am nächsten Morgen holt uns Sarah in Sydney von Flughafen ab.

Und da sind wir jetzt!

 

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