Frauen sind nicht von dieser Welt

oder

Mit einem Alien im Schuhgeschäft

 

(titelgebende Geschichte)

 

Als ich noch ein Kind war, glaubte ich, dass Mädchen die besseren Menschen wären. Denn mit Mädchen konnte ich – von einigen Ausnahmen abgesehen – besser spielen, weil sie, ebenso wie ich, nicht gern Fußball spielten, sich auch nicht gern in den Vordergrund drängten und überhaupt gesittetere Umgangsformen an den Tag legten und die hochinteressante Eigenschaft besaßen, an einigen Körperstellen anders auszusehen als die Jungen.

Heute sehe ich Frauen anders. Ich glaube nämlich, dass sie überhaupt keine Menschen sind, sondern Aliens, die vor Tausenden von Jahren aus den Sternbildern Andromeda, Orion oder Wega mit einem Raumschiff auf die Erde gekommen sind, Männer vorfanden und meinten, mit denen könne man etwas anfangen. Sie fingen also etwas mit uns an und blieben.

Wie ich darauf komme? Ist doch klar! Geh nur einmal mit so einem Geschöpf Schuhe kaufen. Dann weißt auch du, dass es nicht von dieser Welt sein kann. Das spielt sich nämlich folgendermaßen ab:

Sie betritt das Geschäft, schaut sich um und hat in kürzester Zeit zirka fünfzig Paar Schuhe um sich herum aufgebaut, die alle – auch mehrfach – in gefühlten sechs Stunden anprobiert werden. Schließlich kristallisiert sich ein Paar heraus, welches bereits fünf Mal ihren Fuß vor dem Spiegel verziert hat, mit dem sie nun zur Kasse marschiert, um zu bezahlen – denkst du. Weit gefehlt! Sie bittet dort die Verkäuferin, dieses Paar freundlicherweise zurückzulegen, denn in der Straße sind ja noch fünf weitere Schuhgeschäfte, wo sie vielleicht den Schuh finden könnte, der den bisher ausgewählten noch toppt. Folglich spielt sich die gleiche Prozedur noch fünfmal ab, nur mit dem Unterschied, dass sie keinen weiteren Schuh findet, der es wert wäre, zurückgelegt zu werden.

Den Weg zurück zum ersten Geschäft säumen unglücklicherweise einige Damen-bekleidungsgeschäfte, wo die an Stangen hängenden Hosen, Röcke und Kleider sofort durchwühlt, angehalten, ob die Länge passt, und anprobiert werden. Du bist etwas irritiert: Sie wollte doch Schuhe kaufen! Aber das muss sie offensichtlich vergessen haben.

Nach weiteren gefühlten zwei Stunden – sie hat nichts Passendes gefunden – kommt sie auf dich zu, lächelt dich an und sagt:

»Komm, wir gehen!«

»Wohin?«, fragst du.

»Na, ins erste Schuhgeschäft natürlich!«

Sie hat es nicht vergessen!

Im ersten Geschäft marschiert sie schnurstracks zur Kasse und lässt sich das zurückgelegte Paar aushändigen, aber nicht etwa, um es zu kaufen. Nein! Sie geht damit zurück zu den Regalen, um es erneut mit zehn weiteren zu vergleichen. Während dir Füße, Beine und Rücken vom ewigen Herumstehen wehtun, denn es gibt natürlich in dem Geschäft nicht einmal Männerabstellplätze, entschließt sie sich endlich, das Paar zu erwerben.

 Das ist echt space-ig. Sie muss wirklich von einem anderen Stern sein, denn, wenn du als normaler Erdbewohner Schuhe kaufen gehst – auch Männer müssen zwei- bis dreimal im Leben Schuhe kaufen, dann sieht das ganz anders aus:

Du marschierst auf eine Schuhverkäuferin los, die darf auch hübsch sein, erklärst ihr deine Vorstellungen von einem Schuh, woraufhin sie dir drei passende Paare vor die Füße stellt. Das erste Paar, von zarten Frauenhänden auf den Fuß geschoben, gefällt dir, es sitzt gut und drückt nicht beim Laufen. Du erklärst.

»Das kaufe ich!«

Dein dich begleitendes Alien schaut dich entgeistert an.

»Wie? Was? Kaufen?

Willst du nicht die anderen anprobieren? Die könnten doch noch besser passen und dir besser stehen! Das kannst du doch so gar nicht wissen, ohne sie anprobiert zu haben! Oder vielleicht gibt es woanders den ultimativen Schuh für dich!«

»Wozu?«, entgegnest du, »dieser Schuh gefällt mir, er passt und sieht gut aus. Den will ich haben!«

Auf dem Heimweg sitzt das Wesen vom anderen Stern neben dir und schüttelt ununterbrochen den Kopf über die unverständlichen Verhaltensweisen der Bewohner des Planeten Erde, von denen ihre Urahnen, als sie auf der Erde ankamen, noch glaubten, man könne etwas mit ihnen anfangen.

(c) Ulli Kammigan 2014